Wie gelingt mehr Sichtbarkeit, Beteiligung und Gleichstellung von Frauen im Sport – auf allen Ebenen? Diese Frage stand im Zentrum des diesjährigen Internationalen Symposiums der ESAB Fachhochschule für Sport und Management Potsdam (FHSMP) unter dem Titel „Frauen im Sport – von der Athletin bis zur Trainerin“.
Rund 120 Teilnehmer:innen aus ganz Deutschland aus Wissenschaft, Praxis, Verbänden und Bildungseinrichtungen folgten der Einladung zu einem ganztägigen Austausch über wissenschaftliche Erkenntnisse, Praxiserfahrungen und Lösungsansätze zu den Themen Gleichstellung und Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen im organisierten Sport im Haus des Sports in Potsdam zusammen.
Nach einem einleitenden Grußwort durch Karl-Heinz Hegenbart, Präsident des Landessportbundes Brandenburg, betonte FHSMP-Präsident Prof. Dr. Michael Barsuhn in seiner Eröffnung: „Dass wir uns im Rahmen unseres Internationalen Symposiums in diesem Jahr dem Thema ‚Frauen im Sport‘ widmen konnten, ist aus sportlicher, gesellschaftspolitischer wie auch sportorganisatorischer Sicht von besonderer Bedeutung – und zwar für den Spitzen- und Leistungssport ebenso wie für den Breiten- und Freizeitsport. Die Partizipation von Mädchen und Frauen im Sport im Ehren- und Hauptamt weiter zu erhöhen, sollte bundesweit ein Leitziel sein.“



Das Vormittagsprogramm wurde durch drei Fachvorträge eröffnet. Prof. Dr. Jana Strahler (Universität Freiburg) beleuchtete den Einfluss hormoneller Schwankungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit von Frauen. Sie stellte heraus, wie stark Zyklusphasen mit Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrationsproblemen oder Muskelschmerzen korrelieren können und rief zu mehr individueller Trainingssteuerung auf.
Anschließend sprach Prof. Aleksandra Filip-Stachnik, Phd (Academy of physical Education Katowice) über Ernährung im Frauensport. Sie zeigte auf, dass Ernährungsempfehlungen oft geschlechtsneutral formuliert werden, obwohl weibliche Athletinnen andere Bedarfe und Rahmenbedingungen mitbringen. Aspekte wie Energieverfügbarkeit, Eisenstatus und Hormonbalance wurden als zentrale Stellgrößen hervorgehoben.
Den dritten Hauptbeitrag übernahm Franziska Lath (IAT Leipzig). Sie thematisierte strukturelle und kulturelle Hürden, die Frauen auf dem Weg in Trainer:innenpositionen überwinden müssen. Sie stellte gezielte Fördermaßnahmen und Ausbildungsansätze vor, mit denen Frauen gezielt angesprochen, qualifiziert und in Trainerrollen gehalten werden können.



Nach einer Snack & Connect-Pause am frühen Nachmittag, die den Teilnehmenden Raum für persönlichen Austausch, informelle Gespräche und fachliche Vernetzung bot, startete der zweite Programmteil des Symposiums. Im Fokus standen vier thematisch vertiefende Workshops, die bewusst interaktiv gestaltet wurden. Ziel war es, zentrale Fragestellungen gemeinsam zu diskutieren, Erfahrungen aus unterschiedlichen beruflichen Kontexten zu bündeln und praxisnahe Lösungsansätze zu erarbeiten. Die Teilnehmenden hatten im Vorfeld die Möglichkeit, sich einem der Workshops zuzuordnen und sich so gezielt mit einem Aspekt des Schwerpunktthemas „Frauen im Sport“ auseinanderzusetzen. Jeder Workshop wurde von fachlich erfahrenen Moderator:innen begleitet, die nicht nur Input lieferten, sondern vor allem den offenen Dialog zwischen den Teilnehmenden förderten. Die Workshop-Phasen bildeten das Herzstück des Symposiums und waren entscheidend für den Wissenstransfer und die anschließende Ergebnispräsentation im Wrap-up.








Workshop 1: Zyklus und Training
Die Teilnehmenden arbeiteten in Kleingruppen zu unterschiedlichen Aspekten des Menstruationszyklus im Trainingskontext. Diskutiert wurden u. a. individuelle Unterschiede im Zyklusverlauf, sinnvolle Methoden zur Dokumentation (z. B. Apps, Temperaturmessung) und die Bedeutung offener Kommunikation im Trainer:innen-Team. Ein zentrales Ergebnis: Der weibliche Zyklus wird im Sport oft nur dann thematisiert, wenn Probleme auftreten. Dabei sollte Zykluswissen als fester Bestandteil in die Trainingsplanung und Trainerausbildung integriert werden.
Workshop 2: Sportlerinnenernährung
Dieser Workshop thematisierte die besonderen Anforderungen weiblicher Athletinnen an Ernährung und Nährstoffversorgung. Praktische Fragen zu Alltagstauglichkeit, Supplementierung und den Einfluss von gesellschaftlichen Normen wurden offen diskutiert. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass es geschlechterspezifische Leitlinien und praxisnahe Tools braucht – etwa zur Anpassung von Mahlzeiten im Trainings- oder Wettkampfkontext.
Workshop 3: Coaching von Athletinnen
Im Fokus standen hier die besonderen Herausforderungen männlicher Trainer im Umgang mit weiblichen Trainingsgruppen – sowohl im Individual- als auch im Mannschaftssport. Probleme wie Nähe-Distanz-Verhältnisse, Kommunikation über körperliche Themen oder romantische Spannungsfelder wurden offen angesprochen. Die Teilnehmenden erarbeiteten Handlungsempfehlungen: Klare Regeln, Fortbildungsangebote, Kommunikationstrainings und gezielte Aufklärung innerhalb der Teams sollen helfen, professionelles Coaching zu sichern und Grenzverletzungen zu vermeiden.
Workshop 4: Trainerinnen in Haupt- und Ehrenamt
Die Diskussionen in diesem Workshop machten deutlich: Frauen begegnen im Sport sowohl auf ehren- als auch hauptamtlicher Ebene zahlreichen strukturellen Barrieren. Zeitmangel durch Mehrfachbelastung, fehlende Anerkennung, stereotype Rollenzuschreibungen oder eine männerdominierte Vereinsstruktur wurden als zentrale Hindernisse benannt. Lösungsansätze wie flexible Arbeitsmodelle, gezielte Förderprogramme, quotierte Gremienbesetzungen, Mentoring und mehr Sichtbarkeit für Trainerinnen wurden als konkrete nächste Schritte formuliert.
Den Abschluss des Symposiums bildete ein Wrap-up, bei dem zentrale Ergebnisse aus allen Workshops vorgestellt wurden. Die intensive Beteiligung und das breite Interesse zeigten: Das Thema ist aktuell, relevant – und verlangt nach strukturellen Veränderungen im Sportbetrieb.
Prof. Dr. Olaf Prieske, wissenschaftlicher Leiter der Veranstaltung, zog ein klares Fazit:
„Mit dem Internationalen Symposium ‚Frauen im Sport – von der Athletin bis zur Trainerin‘ haben wir wissenschaftliche Expertise und sportpraktische Erfahrungen rund um das Thema Frauen im Sport zusammengebracht. Die große Nachfrage hat gezeigt, dass hier insgesamt Nachholbedarf besteht. Mit den hervorragenden Hauptbeiträgen und den produktiven Workshops ist uns die Vernetzung gut gelungen, und wir konnten weiter für dieses Spannungsfeld sensibilisieren.“